RockHard 2016 - Das erste Mal tut weh.

Hansi Kürsch, Blind Guardian

Hansi Kürsch, Blind Guardian

"Hey, bist du zu Pfingsten immer auf dem WGT, oder kannst du auch mal woanders hin?"
So klang das, als mich mein Kumpel Jens vom RockHard Magazin fragte, ob ich nicht Lust auf das gleichnamige Festival hätte - inklusive Fotopass, versteht sich.

Durch viel Arbeit und Stress kam ich nicht dazu, mich richtig vorzubereiten oder mir Leute zu suchen, bei denen ich hätte Zelten können.
Aber da mich schließlich viele für sowas wie einen Erwachsenen Mann halten, war ich überzeugt davon, dass alles irgendwie hinzubekommen.

Am Freitagmorgen vor der Arbeit packte ich meine Sachen zusammen: Luftmatratze, Klamotten zum wechseln, Handtuch und Duschgel - alles in den olivgrünen Rucksack.
Fotorucksack dazu und meinen Campingstuhl in der Tragetasche - das alles schulterte ich irgendwie und fuhr nach Aachen zur Arbeit.

In der Mittagspause verwirklichte ich meinen Plan und besorgte mir beim örtlichen Discounter ein Wurfzelt - Kostenpunkt: 25 Euro.
Da kann man nicht viel falsch machen, dachte ich.

Nach Feierabend fuhr mich ein Kollege zum Aachener Hauptbahnhof, wo ich in den Zug Richtung Düsseldorf einstieg.
"Die Abfahrt verzögert sich um wenige Augenblicke".
30 Minuten nach dieser Ansage ging es dann auch direkt los.
Meinen Anschluss in Düsseldorf konnte ich natürlich in den Rauch schreiben.
Ich suchte mir per Bahn-App den nächstbesten Anschluss nach Essen heraus, ging zum Bahnsteig mit meinem ganzen Zeug und stellte dort fest, dass diese Bahn 25 Minuten Verspätung hat.

Auf dem Bahnsteig war viel los. Mit vielen Leuten, die zu Pfingsten Urlaub machen oder ihre Familie besuchen wollen.
Ich war jedenfalls nach der Lauferei bei 25°C und meinem ganzen Gepäck so kaputt, dass ich beschloss meinen Campingstuhl aufzubauen und mich zu setzen.
Meine Muskeln hatten grade ungläubig gefragt, ob das mit dem Hinsetzen wirklich ernst gemeint ist, sie jubelten ob meiner Zustimmung und da kam auch schon der Sicherheitsdienst um die Ecke, der mir darauf "hingewiesen" hatte, dass das mit dem Stuhl und dem Bahnsteig nicht so ganz erlaubt ist.

Also war wieder Standwache angesagt.
Quälende Minuten später kam endlich der ersehnte Zug nach Essen.

Ich stieg ein.
In Essen angekommen nahm ich dann schließlich die S-Bahn nach Gelsenkirchen,

Die Anfahrtsbeschreibung auf der Website des RockHard empfiehlt in einen Bus zu steigen, der zum Gelände fährt.
Alle 10 Minuten - leider gilt das nur vor 19 Uhr - also hatte ich das Privileg noch etwas Zeit am Gelsenkirchener Busbahnhof verbringen zu dürfen - Sozialstudie inklusive.

Der Bus kam, war schnell rappelvoll und etwa 20 Minuten später war ich auf dem Gelände.
Das Wetter war sehr gut - strahlender Sonnenschein und etwas mehr als 20 Grad auf der Celsiusscala.
Meine Akkreditierung konnte ich gegen Presse- und VIP-Bändchen sowie Anhänger eintauschen.

Wie darauf zu lesen ist, dürfen prinzipiell nur die ersten drei Songs (ohne Blitz) fotografiert werden.
Das ist schon seit sehr langer Zeit Standard.
Warum?
Der Blitz macht die Lichtstimmung kaputt und kann verwirren.
Zu der Sache mit den drei Songs habe ich eine Theorie:

Die Bands sind häufig aufwendig mit Schminke usw. zurechtgemacht und bei so einer Show kann es auf der Bühne durch Strahler und das Wetter schonmal so warm werden, dass die Leute anfangen zu schwitzen.
Das heißt, dass die Schminke verlaufen kann - und Gene Simmons möchte vielleicht nicht unbedingt so gezeigt werden.

Wer das genauer weiß, darf das gerne hier in die Kommentare schreiben.

Aber zurück zum Thema:

Mein Zeltplatzteam :)

Ich hatte jedenfalls meine Bändchen und Anhänger usw. und es wurde Zeit mich meines Gepäcks zu entledigen. Also ging ich auf den Zeltplatz und suchte nach einer freien Stelle.

Ich fand einen netten Platz nah beim Gelände und fragte die Leute dort, ob ich mein Zelt aufbauen kann - ich wurde willkommen geheißen.

Das ist das schöne an Metalfestivals, man trifft immer auf nette Leute.

Nächster Stopp waren die Schließfächer auf dem Gelände.
Mehrere Tausend Euro in Fotoequipment lasse ich sicher nicht im Zelt liegen.
Die Schließfächer dort haben die Besonderheit, dass sie eine Steckdose haben - also im Fach selbst drin.
Außerdem sind sie rund um die Uhr von zwei Leuten bewacht.
Für das gesamte Festival kostete das eine Gebür von ca. 30 Euro für ein großes Fach. Den Schlüssel gab es als Armband.
Ich schloss meine Sachen dort sofort ein.
Ich war so fertig und müde nach der langen Fahrt, dass ich das mit den Fotos für den Freitag lieber bleiben ließ.

Ich beschloss, den VIP-Bereich zu erkunden.
Ich traf auf "Wolle" und seinen Kumpel Tobi.
Wolle kommt aus dem Hamburg und macht das mit den Fotos schon sehr lange - wir tranken zusammen Cocktails für jeweils 7 Euro - (im VIP-Bereich kosten die Getränke das gleiche wie "draußen") und fachsimpelten über Objektive, Kameras und Konzerte...eben Dinge, über die Konzertfotografen unter sich so reden.

Wenig später kam Lukas aus Slovenien dazu, der offenbar bereits ein- oder vielleicht auch zwei Bier getrunken hatte.
Offenbar hat er in Slovenien eine Art Radio laufen. Leider war er nicht ganz so leicht zu verstehen, obwohl er nach eigener Definition noch nüchtern war (kann noch stehen). Aber auf jeden Fall ist er ein netter Typ.
Er hat mir immerhin Bier ausgegeben...

Wenig später traf mich meine Müdigkeit wieder und ich zog mich in mein Zelt zurück um festzustellen, dass das Ventil meiner Luftmatratze das zeitliche gesegnet hatte.

Ich improvisierte eine Reparatur, indem ich einen alten Kassenzettel zusammenzwirbelte und in das Ventil presste.

Das schien zunächst auch zu funktionieren.

Mein Rücken und der nächste Morgen teilten mir nur leider mit, dass hier viel Potenzial nach oben besteht.
Außerdem fanden sich deutliche Spuren des nächtlichen Regens im Zelt...Discounterware eben.

Aber der Tag wurde besser: Meine Zeltcrew sprach mich am Vormittag darauf an, dass man viel zu viele Paletten mit Radler gekauft hatte und die unmöglich bis zur Abfahrt am Sonntag dezimieren könnte.

Da habe ich selbstverständlich geholfen.
Jeder ist verpflichtet seinen Mitmenschen in Not unter die Arme zu greifen!

Ich habe hier jedenfalls bewiesen, dass Zivilcourage kein leeres Lippenbekenntnis ist.

Die Stunden rannten und mein erstes Konzert (Sorcerer) rückte immer näher - aber ich musste noch etwas essen.
Backfisch mit Knoblauchsoße für 6,50 Euro war die Speise meiner Wahl und sie triefte vor Fett - also genau das Richtige, wenn auch nicht grade günstig.

Das im Vordergrund sind alles Fotografen...

Das im Vordergrund sind alles Fotografen...

Sorcerer fing an und ich begab mich in den Fotograben - zusammen mit locker 10 anderen.
Neben Kompaktkameras und Einsteiger-Spiegelreflexkameras samt Kitlinse sah man auch die Vollformatboliden und professionelle Videokameras, die einem natürlich permanent im Bild standen.

Objektive gegen den Kopf bekommt man auch sehr gerne oder man wird einfach weggeschubst...oder alles gleichzeitig.

Das war eine völlig andere Erfahrung, als auf den Konzerten, die sich sonst fotografiert habe und sehr ungewohnt.

Als der dritte Song abgeklungen war, machte mir die Security deutlich, dass es das für mich jetzt war.
Die Leute vom Sicherheitsdienst waren sehr freundlich und haben sich jederzeit korrekt verhalten.

Sorcerer - Zum Vergrößern klicken.

Trotz der Probleme konnte ich ein paar gute Bilder mitnehmen.

Weiter hatte ich noch das Konzert von Grand Magus fotografiert, bis ich wieder Hunger bekam - und Durst.

Ich beschloss zurück zum Zeltplatz zu gehen und weiter meine Hilfsbereitschaft mit Radler unter Beweis zu stellen.

Sorcerer - Zum Vergrößern klicken.

Ein großes Problem war auch die Tatsache, dass ich nur einen Hoodie anhatte - eine Jacke oder gar einen Mantel hatte ich nicht dabei, jeder Windstoß ließ mich vor Kälte zittern.

Weiter bekam ich durch den Wind ein anderes Problem:

Das Gelände war sehr staubig, mehrmals bekam ich durch den Wind eine volle Breitseite davon in die Augen, was für einen Kontaktlinsenträger wie mich äußerst schmerzhaft ist.
Das passierte an dem Wochenende bestimmt sechs mal.
Zum Glück hatte ich Kochsalzlösung dabei.
Und genügend Toiletten mit Waschbecken und fließendem Wasser gab es auch.

Dennoch zehrte das sehr an den Kräften.

Die Konzerte am Samstag und Moonspell am Sonntag sah ich als Übung für mein Highlight und den Headliner - Blind Guardian.

Blind Guardian - Zum Vergrößern klicken.

An diesem Sonntagabend sollte ich aber eine weitere Lektion darin erhalten, wie viele Leute in den Fotograben passen.
Die Übung die Tage davor half zwar, aber das stellte mich dann doch vor eine Herausforderung - trotzdem hatte ich nach dem ersten und der Hälfte des zweiten Liedes keine Lust mehr mich durch Objektive zu drängeln und herumschubsen zu lassen.

Ich verfolgte das Konzert vom Zuschauerraum aus und verschwand dann schließlich mit meinem Gepäck Richtung Hauptbahnhof wo ich dann abgeholt wurde.

Trotz widriger Umstände hatte ich eine großartige Zeit mit großartigen Leuten.
Und daher wiederhole ich hier meinen Dank an Jens, der mir das ermöglicht hatte :)

Blind Guardian - Zum Vergrößern klicken.

Die Fotos kann man im Album auf Facebook sehen - hinterlasst doch auch direkt ein Like dort, Danke!