Hintergründe zu unscharfen Hintergründen

Für viele ist dieser Effekt der Grund für den Kauf einer Spiegelreflexkamera.
Man sieht das immer wieder auf Bildern und versucht es nachzumachen, aber es will nicht so richtig - irgendwas stimmt nicht ganz - trotz neuer teurer Kamera.

Man kann natürlich versuchen das über Bildbearbeitungsprogramme zu imitieren.
allerdings sieht das selten wirklich gut aus.
Ich habe sogar schon Kommentare gehört, dass der Hintergrund grundsätzlich nur mit z.B. Photoshop unscharf gemacht wird.

Ihr sind Fotos egal: Mia

Interessant allerdings, ist auch die Frage, warum man solche Fotos irgendwie besser findet als andere.

Immerhin kennt man doch das Prinzip "je schärfer, desto besser."
Nach der Logik, müssten Fotos, bei denen alles scharf ist, doch als besser wahrgenommen werden, als solche bei denen das nicht so ist.

Oder?

Die Antwort darauf ist recht einfach:
Es muss nur das scharf sein, was man auch zeigen will.
Was man nicht zeigen will, aber trotzdem scharf und gut zu sehen ist, lenkt nur von dem ab, was man auf dem Foto *eigentlich* abbilden möchte.

Kingt zunächst sehr einfach, ist aber in der Realität sehr viel komplexer.
Für die weiteren Ausführungen ist diese Definition aber ausreichend.

Das Foto unserer Katze Mia hier, wirkt deswegen so intensiv (Jaja, Eigenlob), weil nur ihre Augen wirklich scharf sind, die Nasenspitze ist schon im Grenzbereich und ab den Ohren und weiter nach Hinten verschwimmt alles.
Hier wird oft von Tiefenschärfe oder auch Schärfentiefe gesprochen.
Beides ist korrekt.
Echte Profis verwenden die Ausdrücke Schiefentärfe oder auch Tärfenschiefe.


Menschen schauen bei Portaits intuitiv zuerst auf die Augen.
Dabei ist es egal, ob es sich um einen anderen Menschen oder eben ein Tier handelt.
Sind die Augen erkennbar unscharf, stimmt etwas mit dem Foto nicht.
Dem Betrachter gefällt es in aller Regel nicht, auch wenn nicht alle sofort mit dem Finger auf den Grund dafür zeigen können.
Daher sollte immer auf die Augen fokussiert werden, alles was dahinter oder davor liegt, verschwimmt mit zunehmenden Abstand vom Fokuspunkt.

Je weiter weg vom Fokus, umso unschärfer.
Eigentlich ganz einfach.

Kein Mensch interessiert sich für die Wand hinter Mia.
(Ich schreibe "kein Mensch" weil sich Mia durchaus für diese Wand interessiert.
Dafür ist ihr das Foto egal.)

Und weil sich kein Mensch für die Wand interessiert, ist es besser sie verschwimmen zu lassen und das Foto ganz dem Hauptmotiv zu widmen.

Aber wie kommt dieser Effekt denn jetzt zustande?

Es handelt sich dabei um das Zusammenspiel von Brennweite (die Millimeterzahl bei Objektiven) und Blende (die Kommazahl bei Objektiven).

Das Prinzip sieht so aus:

Der Unschärfeeffekt ist umso stärker je länger die Brennweite (große Millimeterzahl) und offener die Blende (Möglichst kleine Kommazahl) ist.
Und je weiter der Hintergrund vom fokussierten Punkt weg ist.

Um bei unserem Beispiel zu bleiben:

Neue DSLR mit Objektiv 18-55mm 1:3,5-5,6

Die größte Brennweite, die wir hier haben, sind 55mm - das ist schonmal OK.
Alles, was über 50mm geht, hat erstmal gute Chancen diesen Effekt herbei zu zaubern.
Aber hier bekommt der Enthusiasmus, direkt wieder einen Knüppel in die Beine geworfen:
Das 18-55mm Objektiv, welches bei der Kamera dabei war, kann zwar eine Blendenöffnung bis 3,5 - aber nur bei 18mm.
Bei 55mm sind es nur noch 5,6 - und das ist schon ziemlich weit zu.

Das heißt, der Schiefentärfe-Effekt lässt sich vielleicht erahnen,
wirklich "da", ist er aber nicht.
Das könnte man lösen, in dem man das Motiv weiter vom Hintergrund entfernt, das ist aber nicht immer möglich - man hat den Platz einfach nicht überall.
Da braucht es schon eine kleinere Blendenzahl (je kleiner die Zahl, umso weiter offen die Blende). sowas wie 1,8 oder 2,0 wäre schon besser.

Ist mit dem 18-55 aber nicht einzustellen - es kann einfach nicht mehr.

Köln mit verschwommener Kirche im Hintergrund

Also losziehen und nochmal fast 1.000 Euro für ein Objektiv investieren, dass das kann?
Nein!

Es gibt von praktisch allen großen Herstellern 50mm Objektive, die eine Blende von 1,8 können und nicht viel mehr als 100 Euro kosten.

Hat man ein solches Objektiv auf der Kamera und ist technisch vielleicht noch nicht bereit für den bösen "M" Modus, kann man die Kamera auf "A" (Nikon) bzw. "Av" (Canon) stellen und eine Blende von z.B. 1,8 auswählen.
Den Rest macht die Kamera automatisch.

Jetzt nur noch das Motiv vor einen Hintergrund setzen (so 1-3 Meter entfernt), möglichst genau fokussieren und abdrücken - der Effekt sollte sofort in seiner ganzen Herrlichkeit sichtbar sein.
Es eröffnen sich mit einer solchen Linse eine ganze Reihe von kreativen und unkreativen Möglichkeiten. Wichtig zu wissen ist aber, dass man bei offener Blende wirklich sehr genau fokussieren muss, da der Bereich, der scharf abgebildet wird, mit offener Blende immer kleiner wird (nach vorne und hinten). Das heißt bei ungenauer Fokussierung ist entweder gar nichts oder das Falsche (Nase) scharf.

Noch stärker ist der der Effekt z.B. bei einem 85mm Objektiv mit einer Blende von 1,8 bzw. 1,4 oder 1,2 - die fangen allerdings bei ca. 500 Euro an und nehmen den steilen Aufstieg bis zu mehreren tausend Euro. Wer sich dafür ernsthaft interessiert, möchte vielleicht auch einen Blick auf das Objektivangebot von z.B. Sigma werfen. Die sind meist günstiger als die originalen Nikon oder Canon Objektive.

Die 50mm Optiken der Hersteller zeigen den Effekt aber schon äußerst schön und sind mit weniger als 200 Euro auch jeden Cent wert. 

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