Sleazefest 2015

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"Kannst du nicht bei dem Festival..?" 

So ähnlich begann eine Anfrage von meinem Bekannten Basti - dem Veranstalter des Sleazefestes in Bochum - ob ich dort nicht Fotos machen könnte. 

Nach etwas Recherche und der Erkenntnis, dass mir von den 9 Bands nur eine etwas sagt, schlug ich ein - nicht zuletzt auch weil ich dort viele bekannte Gesichter von der Partymonium sehen sollte. 

Über den Weg von Köln nach Bochum muss wohl nicht viel gesagt werden - dank zweier Begleiter war die 80 minütige Fahrt mit der Regionalbahn recht angenehm. Auch das Wetter an diesem Samstag spielte mit. 

In der Matrix angekommen und einige freundliche Begrüßungsrituale später hatte ich meinen Crewpass, einen Satz Ohropax und jede Menge gute Laune. 

Dann die erste Enttäuschung: 

Ich hatte mein Telezoomobjektiv in einem Anflug tiefer Weisheit Zuhause gelassen.

Wer jetzt fragt "Was bitte? ",

Das ist dieses Riesending, dass manchmal vorne auf meiner Kamera drauf ist und so aussieht, als müsste es zur Kompensation anatomischer Unzulänglichkeiten herhalten.

Trauer und Meckerei allerdings machen keine guten Fotos - also beschloss ich, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren und mit dem zu arbeiten, was da ist. 

Also einmal auf die Bühne und die Lage checken, solange noch alles beleuchtet ist.

Wo liegen Stecker, wo darf ich auf keinen Fall drauftreten, wo sind Lampen an der Decke und wohin zeigen die? 

Alles wichtige Infos, die den Unterschied zwischen guten Aufnahmen und einem Krankenhausaufenthalt wegen eines gestörten Auftritts einer finnischen Metalband (Stecker gezogen, ins Schlagzeug gefallen) ausmachen können.  

Der erste Auftritt stand auch schon kurz bevor  - höchste Zeit noch schnell nach einem Becher Cola und einem belegten Brötchen zu fahnden.

Der Übergang war fließend.  Als die ersten Riffs von StOp, sToP ertönten und die ersten Photonen ihren Weg auf meinen Bildsensor fanden, kaute ich noch.

in Ermangelung eines Fotograbens war Drängeln angesagt, was ob der Rücksicht der Konzertgäste und meinem Pass zunächst kein Problem darstellte, führte das doch zu dem Problem, dass die Bewegungsfreiheit in Reihe 1 und 2 eingeschränkt war. Ein bisschen wie bei Space-Invaders muss man sich schon bewegen können um dem Auftritt fotografisch zumindest halbwegs gerecht zu werden.

Es hilft natürlich alles nichts - auf ein Konzert geht man, weil man den Auftritt der Musiker sehen will und nicht notwendigerweise den der Fotografen.

Also befreite ich mich aus der tobenden und gut gelaunten Menge und fand über den Backstagebereich meinen Weg auf die Bühne um andere Perspektiven einfangen zu können. 

Bei solchen Aktionen ist es sehr wichtig, dort nicht zu sehr aufzufallen um die Show nicht zu stören.

Daher ist bestenfalls gebückter Gang und Aufenthalt in den Ecken erlaubt - das war dort zwar kein Gesetz aber man hat ja gesunden Menschenverstand

Die einzige Ausnahme davon gönnte ich mir um den Schlagzeuger abzulichten.  

Schlagzeuger fristen auf den Fotos der meisten Gäste ein Schattendasein - sind sie häufig ganz hinten auf der Bühne, schlecht ausgeleuchtet und oft von Sängern, Gitarristen oder Bassisten verdeckt. 

Dafür hört man sie am deutlichsten - hat wohl alles seinen Preis. 

Es dauerte nicht lange, da war die erste Speicherkarte auch schon voll.

Zu meinem Erschrecken musste ich wenige Minuten später feststellen, dass eine der Außentaschen meines Rucksacks offen war - natürlich genau die Außentasche in der ich gewöhnlich meine Karten aufbewahre. 

Diese Tasche war leer. 

In diesem Moment sah meine Laune aus wie der Aktienkurs der Lehman-Brothers zu Beginn der Finanzkrise. 

Eigene Dummheit? Diebstahl? Indianischer Fluch?

Alles nicht relevant. 

Nur Tatsachen zählen.

Tatsachen und der real-Supermarkt nebenan. 

Nach erfolgreicher Pfandflaschenrückgabe meines Vordermanns an der Kasse konnte es dann auch weitergehen.

Im weiteren Verlauf des Abends mit immer mehr Gästen sollte das mit dem fehlenden Fotograben zum ernsten Problem werden - Vordrängeln ging einfach nicht mehr.

Nicht weil man mich nicht durchlassen wollte - es war einfach kein Platz - sodass ich von einem Auftritt nur Bilder von der Bühne bekommen konnte. 

Klingt zunächst nach keinem großen Problem. 

Es ist aber leider so, dass die Künstler natürlich Richtung Publikum stehen (meistens jedenfalls) und so fast nur Bilder mit Rücken möglich sind. 

Aber auch daraus wollte ich das Beste machen. 

Resignation ist hier ein ganz schlechter Bildgestalter. 

Im Backstagebereich tummelte sich irgendwann die Presse - auch der WDR war mit einer dieser großen Videokameras dabei.

Zu meinem Leidwesen blieben die nicht dort sondern waren beim Auftritt von "The Other" mit auf der Bühne und filmten fröhlich vor sich hin.

Getreu dem Motto "Leben und leben lassen" freute ich mich für die Band ob der Publicity und ging so gut wie möglich meinem Handwerk nach. Nichts wäre blöder gewesen als Streit auf der Bühne - das geht einfach nicht.

Auch wenn es mich natürlich ärgerte, dass ich ständig einen Kameramann im Bild hatte - vielleicht hat der sich aber auch über den Glatzkopf mit Kamera in seinem Bild geärgert...

*hehehe*

Die Aftershowparty stand gegen 23 Uhr an - hier waren Bands und Gäste versammelt - "The Other" Frontmann Thorsten legte in Partymonium-Manier auf und sorgte mit seinem Kollegen Julian für Atmosphäre.

Bis 1 oder 2 Uhr war ich noch bei dem Spektakel bis der Speicherplatz, meine Arme und meine Kondition langsam nachgaben. Irgendwann musste ich außerdem noch die ca. 2.500 Einzelaufnahmen sichten, sortieren und bearbeiten.

Als ich gegen 5 Uhr in meiner Kölner Wohnung eintraf, hatte ich noch die Puste meinen Rucksack abzulegen und meine Schuhe auszuziehen - ich schlief wie ein zufriedenes Baby.

Ich danke allen Beteiligten für das tolle Erlebnis.

Den Gästen für ihre Rücksicht auf mich.

Den Bands für die tollen Shows.

Der Matrix für die Verpflegung.

Und natürlich dem Veranstalter Basti, der sich um alles kümmerte was ich brauchte und auch um kurzfristige Lösungen nicht verlegen war.

Alle Fotos gibt es hier zu sehen:
https://www.facebook.com/media/set/?set=a.924570404229674.1073741873.249094425110612

PS:

Es gibt einen Kollegen, dessen Blog ich euch ans Herz legen möchte;
Amüsant, aktuell und musikalisch!
http://www.rocknroll-reporter.de/index.php/doc-n-roll/2135-docnroll1-51